Reisekolumne Roadtrip Ostallgäu
Fototour im Ostallgäu vom Schloss Neuschwanstein nach Füssen
Es war eine spontane Entscheidung, die uns an diesem ungewöhnlich sonnigen Herbsttag ins Ostallgäu führte. Die Wettervorhersage versprach klare, sonnige Tage - eine seltene Gelegenheit im sonst neblig trüben Herbst. Also packten wir kurzerhand unseren Camper und machten uns zum Abschluss der diesjährigen Campingsaison auf den Weg nach Schwangau.
Nach einer ruhigen Nacht am Forggensee wachten wir früh auf. Der See und die umliegenden Wiesen lagen in leichtem Nebel, und die Stille wirkte fast magisch. Blätter tanzten sanft im Nebel, während wir unsere Fahrräder startklar machten. Unsere erste Station: die Wallfahrtskirche St. Coloman.
Leichte Nebelschwaden zogen an St. Coloman vorbei. Die schlichte, barocke Kirche, die auf einer weiten Wiese wie ein Fels vor den imposanten Bergketten der Ammergauer Alpen steht, ist dem irischen Pilger St. Coloman geweiht, der auf seiner Reise ins Heilige Land hier Halt gemacht haben soll.
Die Morgenstimmung verlieh dem Ort eine besondere Atmosphäre, die uns zu einem Moment der Ruhe und Besinnung einlud. Die Kamera ließen wir für diesen Augenblick beiseite, um das Bild in uns aufzunehmen, das die Morgensonne schuf.
Nach diesem stillen Moment setzten wir unsere Tour in Richtung Schloss Neuschwanstein fort. Das Schloss, das hoch genug liegt, um die Nebelgrenze zu überragen, thronte an diesem frühen Morgen menschenleer und fast unwirklich über dem Tal. Der Anblick von Schloss Neuschwanstein in den frühen Morgenstunden war ein Erlebnis, das sich tief in unser Gedächtnis einprägte.
Das Märchenschloss lag wie verzaubert über dem nebelverhangenen Tal, seine Türme und Zinnen schienen das goldene Licht der aufgehenden Sonne aufzusaugen, während es ringsum noch still und menschenleer war. Es war, als hätten wir dieses weltberühmte Schloss ganz für uns allein, und die Stille verstärkte die Faszination des Augenblicks.
König Ludwig II., der das Schloss 1869 in Auftrag gab, wollte hier seine Vorstellung einer idealisierten, romantischen Welt zum Leben erwecken. Jeder Turm, jede steinerne Verzierung, jeder Bogen ist Ausdruck seiner Träume und seiner tiefen Bewunderung für das Mittelalter und die Sagenwelt.
Die Architektur zeigt Ludwigs Liebe zum Detail. Die kunstvollen Verzierungen und die asymmetrische Gestaltung des Schlosses sind von romanischen Burgen und Gotik inspiriert, aber auch von der Musik und den Opern Richard Wagners, die Ludwig so verehrte. Diese Einflüsse machen Schloss Neuschwanstein zu einem Bauwerk, das weniger eine Festung ist als vielmehr die materialisierte Sehnsucht nach einer idealisierten, fast unerreichbaren Welt.
Der Nebel im Tal begann sich allmählich zu lichten und wir machten uns auf den Weg nach Füssen, das nordwestlich des Flusses Lech liegt. Die Stadt ist bekannt für ihre malerische Altstadt und die imposante Lage direkt am Fluss, der sich durch die Landschaft schlängelt und sich hier seinen Weg durch die für den Fluss typischen Lechstufen bahnt.
Die Altstadt von Füssen mit ihren mittelalterlichen Häuserfassaden, kleinen Plätzen und engen Gassen versetzt einen direkt in eine längst vergangene Zeit. Jede Ecke erzählt Geschichten von der reichen Vergangenheit Füssens, die bis in die Römerzeit zurückreicht, als die Stadt eine wichtige Station an der Via Claudia Augusta war, der antiken Römerstraße zwischen Italien und dem Norden Europas.
Wir erreichten das Hohe Schloss, die einstige Residenz der Augsburger Fürstbischöfe und eines der am besten erhaltenen spätgotischen Bauwerke Bayerns. Das Schloss beeindruckt durch seine markanten Fassadenmalereien, die Fenster- und Bauelemente wie aus der Wand herausragen lassen. Diese Illusionsmalerei und die fast wehrhafte Struktur des Schlosses sind einzigartig und machen es zu einem echten Meisterwerk der spätgotischen Architektur. Die Mauern des Schlosses zeugen von Zeiten, in denen Füssen ein geistiges und kulturelles Zentrum der Region war.
Ebenfalls am Ufer des Lechs liegt das Benediktinerkloster St. Mang, das sich mit seiner barocken Pracht über den Fluss erhebt und eine Geschichte erzählt, die über tausend Jahre zurückreicht. Im Inneren des Klosters beeindruckten uns die kunstvollen Fresken und die prachtvollen Stuckarbeiten, die im Licht der Herbstsonne schimmerten. St. Mang war über viele Jahrhunderte hinweg ein Ort des Wissens und der Kultur, in dem Spiritualität und Bildung eng miteinander verbunden waren. Die Klosteranlage bildet zugleich den Endpunkt der allseits bekannten und sehenswerten Touristenroute "Romantische Straße".
Im Verlauf des Nachmittags wurde das Licht weicher, und wir hielten den Moment mit der Kamera fest. Die Fotografie fühlte sich in diesen Augenblicken wie mehr als nur das Festhalten eines Bildes an. Sie ließ uns den Ort mit seinen Geschichten und seiner Stille bewusster erleben und öffnete unsere Augen für Details, die wir ohne den Blick durch das Objektiv vielleicht übersehen hätten. Besonders die Stimmung der späten Nachmittagsstunden, wenn die Stadt allmählich in goldenes Licht getaucht wird, machte die Aufnahmen zu einer Erfahrung, die uns die besondere Atmosphäre dieses Ortes noch intensiver wahrnehmen ließ.
Für alle, die das Ostallgäu im Herbst erkunden möchten, ist Schwangau ein idealer Ausgangspunkt, unabhängig davon, ob man im Camper unterwegs ist oder nicht. Die herbstliche Ruhe und die Nebelschleier, die am frühen Morgen über den Wiesen und Seen hängen, verleihen der Region eine einzigartige Atmosphäre, die sich besonders gut mit dem Fahrrad erleben lässt.
Die bekannten Sehenswürdigkeiten wie Schloss Neuschwanstein oder St. Coloman sind am Morgen fast menschenleer und bieten Gelegenheit, die Orte in Ruhe auf sich wirken zu lassen. Auch Füssen und die Umgebung des Lechs, mit den natürlichen Felsstufen und den klaren Wasserläufen, bieten für Reisende unzählige Momente der Entdeckung und des Staunens.
Unser Roadtrip ins Ostallgäu war nicht nur eine Reise durch die Geschichte und Kultur der Region, sondern auch ein Abenteuer voller Stille, Weite und atemberaubender Eindrücke. Als krönender Abschluss der diesjährigen Campingsaison war es ein Erlebnis, das uns nicht nur die Region näherbrachte, sondern auch die Wertschätzung für gemeinsame Erlebnisse und das einfache Leben unter freiem Himmel in uns verstärkte.