Wetterverhältnisse an der Alpensüdseite
Tipps & Tricks für das perfekte Reisefoto
Landschaftsfotografen werden auf ihren Fototouren immer wieder feststellen, wie wichtig eine genaue Beobachtung der Wetterverhältnisse ist, um gute Ergebnisse beim Fotografieren herausragender Landschaften zu erzielen. Speziell im Alpenraum an der Alpensüdseite führen vermeintlich ähnliche Wetterlagen zu gänzlich unterschiedlichen Lichtverhältnissen. Beispielsweise können trotz schönen Wetters Bedingungen vorherrschen, die das Fotografieren von Landschaftsaufnahmen fast unmöglich machen.
User:Perconte, CC BY-SA 2.5, via Wikimedia Commons
Grund hierfür sind die Luftströmungen, die sich aus dem Zusammenspiel von Tiefdruck- und Hochdruckgebieten in der Atmosphäre ergeben. Typischerweise ist jedem Tiefruckgebiet ein zugehöriges Hochdruckgebiet zugeordnet, die bei einer stabilen Wetterlage stationär verbleiben, bei einer wechselhaften Wetterlage sich dagegen von West nach Ost bewegen.
In Europa, bzw. auf der Nordhalbkugel generell, drehen sich die Luftmassen um ein Tiefdruckgebiet entgegen dem Uhrzeigersinn, um ein Hochdruckgebiet entsprechen im Uhrzeigersinn. Befindet sich nun ein aufziehendes Tiefdruckgebiet in Westeuropa und das zugehörige Hochdruckgebiet in Osteuropa, so ergibt sich entsprechend der links gezeigten Grafik eine südliche Luftströmung, die milde, feuchte Mittelmeerluft in den Alpenraum bringt.
Bei dieser Wetterlage kann vor Aufziehen des Schlechtwettergebiets (Tiefdruckgebiet) noch mehrere Tage warmes und sonniges Wetter herrschen. Die aus Süden herangeführte Mittelmeerluft ist jedoch sehr feucht und gestattet nur eine sehr schlechte Fernsicht. Grund hierfür ist eine starke Streuung des Sonnenlichts an den Wassermolekülen in der feuchten Luft.
In diesem Fall wirken Landschaftsfotos an der Alpensüdseite, z.B. am Gardasee, äußerst kontrastarm und wenig ausdrucksstark, wie auf dem unten gezeigten Foto zu sehen ist. Zusätzlich wird durch eine südliche Luftströmung der Smog der norditalienischen Großstädte gegen die Südseite der Alpen geblasen. Dieser Smog kann bei ungünstiger Wetterlage sogar Ausmaße annehmen, wie man es sonst nur aus asiatischen Großstädten kennt. Im Übrigen wirken sich die beschriebenen Wetterphänomene an allen oberitalienischen Seen, d.h. am Comer See, Iseosee und Gardasee, gleichermaßen aus.
Gänzlich anders gestaltet sich die Wetterlage an der Alpensüdseite, wenn über Osteuropa ein abziehendes Schlechtwettergebiet (Tiefdruckgebiet) liegt und von Westen ein Hochdruckgebiet heranzieht.
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Dann bildet sich auf der Rückseite des abziehenden Tiefdruckgebietes eine nördliche Luftströmung aus, die kalte Luft aus Nordeuropa in den Alpenraum bringt, wie auf der Grafik oben zu sehen ist. Diese Luftmassen haben eine wesentlich geringere Luftfeuchtigkeit und bieten damit eine gute Fernsicht.
Speziell an den oberitalienischen Seen können diese Winde auch stürmisch durch die engen Täler wehen. Das ist dann der ideale Zeitpunkt für alle Segler, Surfer und sonstigen Wassersportler.
Dieser interessante Effekt, der sich bei nördlichen Luftströmungen an der Alpensüdseite mit relativ großer Wahrscheinlichkeit ausbildet, wird südlich der Alpen z.B. in Italien als Nordföhn bezeichnet. In diesem Fall regnen sich die Luftmassen auf der Alpennordseite ab, überqueren als trockene Luft den Alpenhauptkamm und trocknen beim Absinken in die oberitalienischen Täler weiter ab. Diese Wettererscheinung basiert auf dem Luv-Lee-Effekt an Bergketten, wie z.B. auch der Südföhn an der Alpennordseite. Das Ergebnis ist eine extrem gute Fernsicht, die man für Landschaftsfotos südlich der Alpen unbedingt nutzen sollte.
Generell kann das Wetter unmittelbar nach Abziehen eines vorhergehenden Schlechtwettergebietes zwar zunächst noch etwas wolkenreicher sein. Bei guter Fernsicht bietet sich hier jedoch die Chance, dramatische Wolkenszenerien in den Bildaufbau mit einzubeziehen und somit ausdrucksstarke Landschaftsfotos zu kreieren, wie auf dem unteren Foto zu sehen ist.