Wetterverhältnisse an der Alpennordseite
Tipps & Tricks für das perfekte Reisefoto
Landschaftsfotografen werden auf ihren Fototouren immer wieder feststellen, wie wichtig eine genaue Beobachtung der Wetterverhältnisse ist, um gute Ergebnisse beim Fotografieren herausragender Landschaften zu erzielen. Speziell im Alpenraum an der Alpennordseite führen verschiedene Wetterlagen zu gänzlich unterschiedlichen Lichtverhältnissen.
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Grund hierfür sind die Luftströmungen, die sich aus dem Zusammenspiel von Tiefdruck- und Hochdruckgebieten in der Atmosphäre ergeben. Typischerweise ist jedem Tiefruckgebiet ein zugehöriges Hochdruckgebiet zugeordnet, die bei einer stabilen Wetterlage stationär verbleiben, bei einer wechselhaften Wetterlage sich dagegen von West nach Ost bewegen.
In Europa, bzw. auf der Nordhalbkugel generell, drehen sich die Luftmassen um ein Tiefdruckgebiet entgegen dem Uhrzeigersinn, um ein Hochdruckgebiet entsprechend im Uhrzeigersinn. Befindet sich nun ein aufziehendes Tiefdruckgebiet in Westeuropa und das zugehörige Hochdruckgebiet in Osteuropa, so ergibt sich entsprechend der links gezeigten Grafik eine südliche Luftströmung, die milde Mittelmeerluft in den Alpenraum bringt. An der Alpennordseite im bayerischen Alpenvorland ist diese Wettererscheinung als Südföhn bekannt. Bei einer derartigen Wetterlage sind in München und Umgebung auch im Winter kurzzeitig Temperaturen von 20 °C möglich. Dann öffnen alle Straßencafés und Unmengen an Ausflüglern starten in Richtung Alpen und zu den bayerischen Seen.
Der Südföhn basiert auf dem Luv-Lee-Effekt, der beim Überströmen der Luftmassen über Bergketten auftritt (siehe Grafik unten). Hierbei handelt es sich um einen aus südlicher Richtung wehenden Fallwind, der nur in der kälteren Jahreszeit vom Herbst bis zum Frühjahr für kurze Zeit auftritt. Sobald dieser Südwind auf den Alpenhauptkamm in 3500 m Höhe trifft, regnet die Luft auf der Alpensüdseite ab, weht relativ trocken über den Alpenhauptkamm und trocknet beim Absinken in das nördliche Alpenvorland weiter ab. Damit wird im Flachland eine extrem geringe Luftfeuchtigkeit erreicht, die unter besten Bedingungen eine Fernsicht von über 200 km erlaubt.
Von Geo-Science-International - Eigenes Werk, CC0, Link
Der Südföhn weht bei einer wechselhaften Wetterlage oft nur an einem einzigen Tag für wenige Stunden, und zwar genau dann, wenn für den nächsten Tag eine aus Westen aufziehende Regenfront angesagt ist. Bei einer stationären Wetterlage kann der Südföhn jedoch auch über mehrere Tage anhalten und schöne Fototouren mit außergewöhnlicher Fernsicht ermöglichen.
Wer diese optimalen Fotobedingungen im Frühjahr oder Herbst erleben möchte, der sollte den Wetterbericht genau verfolgen und auf die in der obigen Grafik abgebildete Anordnung von Hoch- und Tiefdruckgebieten auf den Wetterkarten achten. Denn nur dann sind bei einer Fernsicht von bis zu 200 km z.B. außergewöhnliche Fotomotive z.B. von der Zugspitze aus dem Alpenvorland möglich.
Gänzlich anders gestaltet sich die Wetterlage an der Alpennordseite, wenn über Osteuropa ein abziehendes Schlechtwettergebiet (Tiefdruckgebiet) liegt und von Westen ein Hochdruckgebiet heranzieht.
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Dann bildet sich auf der Rückseite des abziehenden Tiefdruckgebietes eine nördliche Luftströmung aus, die kalte Luft aus Nordeuropa in den Alpenraum bringt, wie auf der Grafik oben zu sehen ist.
Diese Luftmassen weisen generell eine hohe Luftfeuchtigkeit auf, wodurch es an der Alpennordseite zu einer starken Wolkenbildung mit schlechter Fernsicht und teilweise auch heftigen Niederschlägen kommt. Eine derartige Wetterlage kann in ungünstigen Fällen als Dauerregen über mehrere Tage anhalten. Fototouren sind dann kaum sinnvoll.
Je näher das von Westen folgende Hochdruckgebiet dem Alpenraum kommt, umso merklicher ändert sich die Wetterlage an der Alpennordseite. Denn unmittelbar nach Abziehen des vorhergehenden Schlechtwettergebietes folgt zwar zunächst noch etwas wolkenreiches Wetter, dafür aber mit kühler und trockener Luft. Bei zunehmend besserer Fernsicht bietet sich hier jedoch die Chance, dramatische Wolkenszenerien in den Bildaufbau mit einzubeziehen und somit ausdrucksstarke Landschaftsfotos zu kreieren.